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Sunshine
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
4,5
hervorragend
Sunshine
Von Christoph Petersen
Tausendsassa Danny Boyle meldet sich mit einem Paukenschlag zurück. Nachdem er sich zuletzt an einem Aussteiger-Thriller (The Beach), einem Zombiestreifen (28 Days Later) und einem Kinderfilm (Millions) versuchte, liefert der Genre-Hip-Hopper nun mit „Sunshine“ einen stylishen Science-Fiction-Thriller ab. Nach einem Drehbuch seines Stammautors Alex Garland inszenierte er ein gradlinig-konsequentes, mit spektakulär-schönen Einstellungen gewürztes Weltraum-Abenteuer, das es locker mit seinen großen Vorbildern aufnehmen kann. In einem Genre, in dem frisches Blut zuletzt Mangelware war, lediglich Serien-Adaptionen wie Star Trek - Nemesis oder Serenity den Sprung auf die Leinwand schafften, überzeugt - längst überfällig - nun auch endlich mal wieder ein originäres, für sich allein stehendes Stück Kino.
„Hi, Mom and Dad. I hope you are proud of your son, saving mankind and so on!”
(Capa, Physiker an Bord der Icarus II)
50 Jahre in der Zukunft: Die Sonne stirbt, die Erde hat bereits unter den Auswirkungen des ewigen Winters zu leiden. Der erste Versuch, den Motor der Sonne mit einer gewaltigen Explosion wieder neu anzuwerfen, ist gescheitert, von der Raumfähre Icarus I und ihrer Besatzung fehlt jede Spur. Nun ist unter der Leitung von Kaneda (Hiroyuki Sanada, The Last Samurai) ein zweites Team mit den restlichen Sprengstoffreserven der Erde unterwegs, um diese letzte Überlebenschance der Menschheit wahrzunehmen. Kurz vor ihrem Ziel erreicht die Crew ein Funkspruch der Icarus I. Nun hat Physiker Capa (Cillian Murphy, Breakfast On Pluto, The Wind That Shakes The Barley) die Qual der Wahl. Er muss entscheiden, ob man es wie geplant mit der einen Bombe versuchen, oder doch besser zur Icarus I fliegen und so seine Sprengkraft verdoppeln sollte…
„Two last hopes are better than one!" (Capa)
Danny Boyle ist ein Regisseur, der es gerne etwas spektakulärer mag. Deshalb har er mit Filmen wie Trainspotting, The Beach oder 28 Days Later auch gerade immer dann voll überzeugt, wenn er auf extreme Stilisierungen und einen abgefahrenen Inszenierungsstil setzte, während er sich zuletzt mit dem recht bodenständigen Kinderfilm Millions nicht wirklich über den Durchschnitt erheben konnte. Aber auch wenn er in „Sunshine“ größtenteils auf seinen fiebrigen, schnell geschnittenen Stil aus früheren Tagen verzichtet, ist ihm mit seinen selten so spektakulär gesehenen Weltraumbildern, von denen jedes einzelne als Kunstwerk durchgehen würde, die bisher stärkste Inszenierung seiner Karriere gelungen. Dabei verkommen die atemberaubenden Einstellungen der erlöschenden Sonne nie zum bloßen Selbstzweck, sondern unterstützen trotz ihrer unendlichen Schönheit stets die bedrohliche Atmosphäre an Bord der Icarus II.
„Sunshine“ beginnt als reiner Sci-Fi-Thriller ohne jeden tieferen Sinn. Aber weil Danny Boyle die meist technisch motivierten Thrillerszenen, die von ihrer Anlage her ein wenig an Apollo 13 oder ähnliche Katastrophenfilme erinnern, auf einem so hoch selten erlebten Spannungsniveau konsequent durchzieht, ist diese stringente Herangehensweise nur begrüßenswert. Egal, ob sich bei einer Außenreparatur das tödliche Sonnenlicht unaufhaltsam nähert, oder im eiskalten Kühlwasser tauchend der Bordcomputer neu gestartet werden muss, wohlige Gänsehaut in lange nicht mehr gefühlten Ausmaßen ist dank der perfekten Inszenierung vorprogrammiert. Weitere Spannung zieht „Sunshine“ aus den gruppendynamischen Abläufen, die einsetzen, sobald klar wird, dass der Sauerstoff nicht für alle Besatzungsmitglieder ausreichen wird. Wenn sich hier Fraktionen bilden und verschieben, oder über den Tod eines Kollegen demokratisch abgestimmt wird, sind dies nicht nur hochinteressante moralische Fragen, sie sind von Boyle vor allem auch ungeheuer effektiv in Szene gesetzt. Was er anhand von drei Mitbewohnern, die nach dem Fund eines mit Mafiamillionen gefüllten Koffers an ihrer Paranoia zugrunde gehen, in seinem Regiedebüt „Kleine Morden unter Freunden“ schon im Kleinen durchexerziert hat, weitet Boyle so nun kongenial auf seine achtköpfige Weltraum-Crew aus.
Erst wenn die Icarus II an die scheinbar verlassene Icarus I andockt, kommt noch eine weitere Ebene hinzu. An Bord der zweiten Raumfähre deutet nämlich alles darauf hin, dass die Besatzung ihre Mission damals aus religiösen Gründen abgebrochen hat. Doch wer nun glaubt, „Sunshine“ würde sich in die spirituelle Richtung eines 2001 - Odyssee im Weltraum entwickeln, könnte falscher kaum liegen. Boyle behält seinen knallharten Thrillerstil konsequent bei, nutzt die religiösen Bezüge weder für metaphorische noch für philosophische Elemente, sondern quält sein eh schon zum bersten angespanntes Publikum nun auch noch mit effektiv getimten Slasher-Einlagen. Eine stringente Horror-Dramaturgie, irgendwo zwischen Alien und Scream, raubt dem Zuschauer so - im positiven Sinne – auch noch den letzten Nerv. Auch wenn man gerade zum Schluss hin noch etwas genauer auf den Wahnsinn des religiös motivierten Serienkillers hätte eingehen können, wird sich „Sunshine” mit seinen extrem spannenden Thrillerelementen und den atemberaubend schönen Weltraumeinstellungen einen Platz zwischen den Sci-Fi-Klassikern der Kinohistorie sichern können.
Zum FILMSTARTS.de-Interview mit Regisseur Danny Boyle
Zum FILMSTARTS.de-Interview mit Hauptdarsteller Cillian Murphy
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